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#wow_kaiserwinkl

Familienkäsekunst vom Grau bis zum Bergkas

Burgeralm

Burgeralm 1

Wir marschieren gemütlich vom Parkplatz Feistenau über Rettenschöss los. Es ist ein sehr angenehmer Herbsttag. Der leichte Wanderweg führt hauptsächlich durch den Wald. Ab und zu genießen wir den Blick ins Tal, das teils noch wolkenverhangen ist. Nach eineinhalb Stunden ohne Wanderturbo sind wir auf der Burgeralm angekommen.
Der Blick auf die beiden Almhütten ist schön. Die eine ist schon etwas älter, die andere schaut sehr neu aus. Dort sitzen auch die Gäste, die sich über die angenehme Sonne freuen.

Flug_KaiserwinkelLeo Dagn

Über 250 Jahre Familientradition

Ich treffe Toni Fahringer. Er ist der Seniorchef der Burgeralm, die zum Burgerhof im Tal gehört. Er berichtet, dass der Hof seit mehr 250 Jahren in Familienbesitz ist. „Früher“, so sagt er, „gab es Gemeinschaftsalmen. Das hat sich in den 90er-Jahren verändert. Jetzt ist alles in Privatbesitz.“ Die ältere Hütte entstand in den 90er-Jahren. Die war irgendwann zu klein. Auch, weil das Ausschankrecht hinzukam. Deshalb wurde die Größere 2013 bebaut. Die Tiere sind bereits im Tal. Im Mai kommen sie wieder herauf. „Als Kind“, erinnert sich Toni mit einem Schmunzeln, „musste ich manchmal schon um 4 Uhr früh mit raus, um die Kühe festzuhalten, damit sie mein Vater melken konnte. Manche Vierbeiner waren – genau wie heute – etwas freiheitsliebender.

Burgeralm 5

Die Leidenschaft der Familie Fahringer

Toni geht das Herz auf, als er über das Käsen, das die Familie vor einigen Jahrzehnten wieder begonnen hat, berichtet. Um die 40 Kühe liefern die Heumilch. Heu ist das beste Futtermittel für die Tiere, weil durch die natürliche Trocknung alles abfällt, was nicht hineingehört. Im Sommer genießen die Tiere frisches Gras mit vielen Kräutern. Toni erzählt, dass die Familie die Produkte der Burgeralm nur direkt vermarktet. Es gibt keine Großabnehmer. Die Käser aus Leidenschaft bauen gerade wieder um. Wir gehen in die Käserei und Toni erzählt, dass die Erweiterung und die Anpassung an neue Vorschriften bis nächsten Mai vollzogen sein wird.

Flug_KaiserwinkelLeo Dagn

Einblicke in die Käseherstellung

Wir gehen in die Käserei und bleiben vor einem großen Kessel stehen. „Hier passen 1200 Liter hinein, die wir aus dem Tank nebenan hineinfließen lassen“, meint Toni. Er erinnert sich an früher, als die Milch noch über dem offenen Feuer erwärmt und von Hand gerührt wurde, weil sie sonst angebrannt wäre. Da war – je nach Wetterlage – manchmal schon alles voller Rauch.
Das ist heute schon praktischer. Der Kessel erwärmt die Milch zuerst auf 25 Grad. Gleichzeitig wird das Rührwerk eingeschaltet. Nach diesem ersten Schritt gibt der Käser die Milchsäurebakterien hinzu. „Da gibt es unterschiedliche Varianten. Je nach Käseart, die wir gerade herstellen“, klärt er auf.
Hier auf der Burgeralm lieben die Menschen den einjährigen Bergkäse, weil er besonders würzig ist. „Nach einem Jahr wird der Käse nicht mehr besser“, stellt Toni auf meine Nachfrage, ob eine noch längere Reifung Sinn macht, klar Längere Lagerung bedeutet auch einen höheren Preis, der nicht unbedingt bezahlt wird.
Nach dem Hinzufügen der Milchsäurebakterien geht die Milchtemperatur hinauf auf 32 Grad. Dann wird das Lab der Kälbermägen hinzugefügt. Kälber haben einen Labmagen, in dem Milch, die sie trinken, verdaut wird. Nach dem Schlachten eines Kalbes wurde der Magen früher getrocknet und dann scheibchenweise hinzugegeben. „Heute können wir das Labextrakt in Pulver- oder flüssiger Form kaufen und genau dosiert hinzugeben“, fügt Toni an. Diese Beigabe sorgt dafür, dass die Milch innerhalb von 30 bis 35 Minuten stockt. Danach wird das stichfeste Produkt mit einer „Harfe“ ganz klein geschnitten und innerhalb kurzer Zeit auf 40 Grad erwärmt. „Dieses schnelle Erhitzen heißt Brennen“, erläutert Toni. Somit wird das Produkt stabil gemacht, damit es gut reifen kann und während dieses Prozesses nicht kaputtgeht.

Graukas, Natur und Heimatverbundenheit

Was mich noch sehr interessiert, ist der Graukas. Eine Tiroler Spezialität. Die Fahringers sind dieses Jahr in Produktion eingestiegen, weil die Nachfrage immer größer wurde. Der „Graukas“ entsteht durch die Weiterverarbeitung der Magermilch. Die wird erst zum Topfen. Dieser wird 24 Stunden angesäuert, dann aufgerieben und in ganz trockenem Zustand ordentlich unter anderem mit Salz und Pfeffer gewürzt. Nach ein bis zwei Wochen Reifung ist er fertig. Die Tiroler Hütten bieten diese Variante als Suppe oder als sauren Käse, ähnlich einer Essigwurst, an. Er passt aber auch sehr gut in Kaspressknödel oder Kaspatzen.
Nach diesem sehr spannenden Gespräch mit Toni Fahringer wandern wir wieder gen Tal. Das Wetter reißt auf und wir genießen den Panoramaweg. Das Kaisermassiv ist zu sehen. Die Gipfel sind klar. In Mitte mogeln sich Wolken hinein und der untere Bereich ist auch wieder sichtbar. Wunderbar ist auch Blick auf das Inntal. Der Fluss darf sich teilweise noch durch die Landschaft schlängeln. Früher gab es viele Auen und herrliche Landschaften, die durch sinnlose Begradigungen mittels absurder Grenzen zerstört wurden. Auch Hochwasser wurden dadurch forciert. Mancherorts kommt man aber jetzt wieder auf Idee, der Weisheit der Natur zu folgen und den Fluss aufzuweiten.

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Uli Kaiser

Uli Kaiser

Uli Kaiser, 51, freier Journalist für Sport, Wirtschaft und Kultur, hat in seinem Leben zahlreiche Leistungssportler hautnah begleitet. Er genießt das Leben in der Natur und saugt jede kleine Nuance auf. Schwimmen, Radfahren, Wandern und Nordic Walking gehören zu seinen sportlichen Betätigungsfeldern. Ansonsten macht er sein Hobby zum Beruf. Er genießt Regionen zu entdecken und zu beschreiben, wie Menschen leben und welche Gedanken sie haben.

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