
Raus aus der Komfortzone
Zwei-Tages-Wanderung von Kufstein nach Walchsee – Tag 1
Seit ein paar Jahren habe ich nur noch einen Neujahrsvorsatz: Einmal im Jahr etwas machen, was mich aus meiner Komfortzone holt. Etwas zu machen, was ich zuvor noch nie gemacht habe. Dieses Jahr habe ich mich für eine Zwei-Tages-Wanderung entschieden – allein, mit Rucksack und Hüttenübernachtung. Ein kleines Wochenend-Abenteuer also. Für mich als Wanderliebhaberin sind vor allem zwei Fragen spannend: Wie ist es, allein in einem Mehrbettzimmer zu schlafen? Wie ist es, jeden Tag ca. 6 Stunden gehen zu müssen? Aber genau die Antwort auf die zweite Frage reizt mich besonders: Lange zu gehen, in meinem eigenen Tempo und ohne Ablenkungen viel Zeit zum Nachdenken zu haben.
Start in Kufstein
Gut gepackt mit dem Bus ins Abenteuer
Bei so einer Tour ist eine gute Planung die halbe Miete: Die Route selbst ist schnell gefunden – hier gibt’s eine tolle Beschreibung. Was mich also am meisten beschäftigt hat: Was nimmt man für zwei Tage Wandern mit Übernachtung bei wechselhaftem Wetter mit? Eine Jacke und/oder ein langes T-Shirt? 2 ½ Liter Wasser oder 3 ½? Mein normaler Wanderrucksack ist grundsätzlich nur für Tagesausflüge und ist schlussendlich gerade noch zugegangen. Aber, worauf ich stolz bin: Ich habe tatsächlich alles gebraucht – außer dem Erste-Hilfe-Set. Zum Glück! Sogar mein neuer Regenponcho kam zum Ende der Wanderung noch für 20 Minuten Regen zum Einsatz.

So, jetzt geht’s aber endlich los: Am Samstag in der Früh fahre ich mit dem ersten Bus von Walchsee nach Kufstein. Mein Tipp: Mit der Kaiserwinkl-Card fährt man kostenlos mit dem Bus – ein echtes Plus. Die Fahrt dauert nicht einmal eine Stunde, ist aber ein schöner Start ins Abenteuer: Die Landschaft zieht gemächlich vorbei, die Gedanken sortieren sich, die Vorfreude wächst.
Durch das Kaiserbachtal
Auf in Richtung Stripsenjochhaus
Ich bin vom Bahnhof Kufstein aus gestartet – im Nachhinein hätte ich schon ein paar Stationen früher bei Spar aussteigen können, dann hätte ich mir den Weg durch die Stadt gespart. Aber im Nachhinein ist man bekanntlich immer schlauer.

Sobald man auf den Wanderweg abbiegt, geht es gleich mal viele Stufen stetig bergauf. Ich finde schnell mein Tempo und überhole viele Wanderer und werde überholt. Der erste Abschnitt scheint sehr beliebt zu sein, da er der Ausgangspunkt für viele Wanderungen ist und auch viele Hütten liegen gemütlich erreichbar auf dem Weg. Langsam werden es weniger Menschen und das wunderschöne Kaiserbachtal öffnet sich majestätisch.

Plötzlich sehe ich zum ersten Mal das Stripsenjochhaus und den Stripsenjochkopf in der Ferne. Sie liegen wirklich weit in der Ferne und ich bin beeindruckt, dass diese Strecke an einem Tag zu schaffen ist. Gemütlich wandere ich weiter. Die ersten vier Stunden geht es sanft bergauf, auf Forststraßen und gut befestigten Waldwegen – ideal zum Ankommen und Eintauchen.

Zur Mittagszeit finde ich eine Stelle am Fluss. Schuhe aus, Füße ins eiskalte Wasser, Jause auspacken, Sonne genießen. Ein perfekter Moment. Danach führt der Weg weiter vorbei an Almen und Hütten – und dann wird es ernst.
Tschaka!
1000 Höhenmeter später
Mein Uhr verrät mir, dass ich erst 400 Höhenmeter gegangen bin, das heißt: Die letzten 2 Stunden sind über 1.000 Höhenmeter zu bewältigen. Vor dem steilen Anstieg genehmige ich mir noch eine Leberknödelsuppe. Genau die richtige Stärkung vor den letzten Metern.

Der Anstieg zum Stripsenjochhaus ist, wie man in Österreich sagt, „zach“. Es geht steil bergauf auf sehr gut ausgebauten Wegen. Die Wanderer werden immer weniger, die Natur stiller. Auf manchen Stellen plätschert das Regenwasser den Weg hinab – in der letzten Zeit hat es viel geregnet. Der Wald lichtet sich und dann passiert ein kleines Naturwunder: Unzählige Schmetterlinge am Weg. Wenn ich komme, fliegen sie wieder ein paar Meter weiter. Ich habe den Eindruck, sie begleiten und motivieren mich. Ein bisschen Magie in der Luft.

Oben angekommen, stehe ich vor dem Stripsenjochhaus – mit Blick auf das imposante Kaisergebirge und bin sprachlos. Diese Felsen, so nah, so mächtig. Daneben fühle ich mich klein, unbedeutend und doch stolz und dankbar, dass ich es aus eigener Kraft hierher geschafft habe.
Gute Nacht!
Sonnenuntergang und Hüttenruhe

Mit dem Ausblick aufs Kaisergebirge genieße ich mein Abendessen. Als es kühler wird, ziehe ich mich aufs Zimmer zurück, meine Zimmer-Kolleginnen sind noch unterwegs.

Ich entspanne und lese. Als der Sonnenuntergang näher kommt, gehe ich wieder hinaus. Gefühlt alle Hütten-Übernachter stehen draußen und warten. Und wir werden alle belohnt. Der Sonnenuntergang ist traumhaft. Er taucht das Kaisergebirge in ein gold-oranges Licht und das Farbenspiel über dem Kaiserbachtal ist magisch. Ein Moment, den ich nicht vergessen werde und den ich mit ins Bett nehme: Denn kurz darauf – um 22.00 Uhr ist Zapfenstreich. Gute Nacht!
Impressionen zum mitfühlen
Lust auf mehr?


Caroline Fellinger, 41. Ist sie beruflich als Geschäftsführerin einer Kreativagentur viel in der virtuellen Welt unterwegs, genießt sie in ihrer Freizeit lieber die Natur – gleich, ob Berge, Flüsse, Seen und Wälder – Hauptsache, draußen. Beim Wandern, schwimmen, Kajak und Kanufahren im Sommer, Snowboarden und Skifahren im Winter ist sie immer auf der Suche nach Neuem.